Das Alter bringt viele Veränderungen mit sich. Eine Herausforderung, die dabei oft unterschätzt wird, ist die zunehmende Anfälligkeit für Depressionen. Diese seelische Belastung kann leise und unbemerkt auftreten, Menschen ihre Lebensfreude berauben und ihr Leben scheinbar in den Stillstand versetzen. Woran liegt es, dass gerade im Alter depressive Verstimmungen so häufig auftreten?
Depression differenziert betrachtet: Zwei unterschiedliche Formen der Depression
Möchte man Depressionen auf den Grund gehen, ist es wichtig, zunächst körperliche von seelischen Ursachen zu unterscheiden. Fehlt es dem Körper an essenziellen Nährstoffen oder ist das Gleichgewicht der Darmflora gestört, können depressive Symptome hervorrufen. Sind solche körperlichen Ursachen beseitigt, richtet sich der Blick auf die seelische Komponente. Hier ist die Situation komplex, denn selbst unter identischen äußeren Bedingungen entwickelt nicht jeder Mensch eine Depression. Die Gründe dafür sind vielschichtig und individuell.
Mit den Anzeichen einer Depression haben wir uns in einem anderen Artikel beschäftigt.
Gründe, die zur Altersdepression führen
Aus meiner Sicht führen vor allem drei häufige Gründe dazu, dass Menschen im Alter eine Depression entwickeln:
• Fehlende Perspektiven, die zum Stillstand führen.
• Schmerzende Verluste, die nicht überwunden werden und eine tiefe Leere hinterlassen.
• Schwierigkeiten, die Realität zu akzeptieren, die sich im Alter verändert.
Während es in jungen Jahren ständig Herausforderungen gab, an denen man wachsen konnte, neue Lebensziele und Pläne, stehen viele Menschen im Alter plötzlich ohne Perspektive da. Findet man in dieser Lebensphase keine neue Orientierung, gerät das Lebensrad ins Stocken. Für viele fühlt es sich dann so an, als würden sie vor einem schwarzen Wald stehen und aus der Dunkelheit nicht mehr herausfinden.
Ähnlich geht es Menschen nach schmerzhaften Verlusten von geliebten Angehörigen oder Freunden, die das Leben zwangsläufig mit sich bringt. Kann diese nicht verarbeitet werden, stellt sich Überforderung ein. Dies kann zu einer anhaltenden emotionalen Krise und schließlich zu einer Depression führen.
Oft fehlt es auch an den Kapazitäten, um mit veränderten Lebensbedingungen im Alter umgehen zu können. Wenn man die Selbständigkeit verliert, die eigene Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist, man zum Beispiel nicht mehr so gut gehen kann, dann ist das für viele schwer zu akzeptieren. Hinzu kommt, dass die meisten Menschen im Alter zunehmend auf Hilfe angewiesen sind. Vielen fällt es schwer, diese Realität zu akzeptieren. Die Folge kann Verweigerung und schließlich das Entwickeln einer Depression sein.
Maßnahmen, um der Altersdepression vorzubeugen
Die Kunst, wie man mit den Herausforderungen des Alters umgeht, entscheidet maßgeblich darüber, ob man in eine Depression abgleitet oder nicht. Es geht darum, aktiv am Leben zu sein und sich immer wieder neue Ziele und Perspektiven zu schaffen. Selbst in schwierigen Zeiten gilt es, das Leben interessant zu gestalten und sich den veränderten Bedingungen mutig zu stellen.
Auch im Alter gibt es unzählige Möglichkeiten, das Leben bereichernd und erfüllt zu gestalten. Selbst kleine Ziele bringen einen weiter. Hilfreich kann zum Beispiel sein, herauszufinden, was einem Spaß macht. Das kann das Kochen gesunder Gerichte sein, oder die Freude am Lesen. Bereitet das Lesen Schwierigkeiten, sind Hörbücher eine Möglichkeit, oder sich für verschiedene Musikrichtungen zu interessieren.
Dies bewahrt nicht vor schmerzhaften Verlusten, die tiefe Einschnitte im Leben hinterlassen. Nichts kann den Verlust eines geliebten Menschen ersetzen und es ist wichtig, zu trauern. Doch kann die aktive Beschäftigung mit Dingen, die eine Freude bereiten, auch dabei helfen, das entstandene Vakuum nach einem Verlust wieder mit Sinn zu füllen. Das kann heißen „Ich habe in den letzten 20 Jahren immer mit meinem guten Freund am Mittwochnachmittag Karten gespielt oder Boccia oder wir sind spazieren gegangen. Jetzt ist er verstorben. Und jetzt geht es darum, was ich in Zukunft an diesem Mittwochnachmittag mache, damit mein Leben weitergeht, es weiter erfüllt bleibt."
Verluste zu akzeptieren und die Lebensrealität anzunehmen, in der sich der Mensch befindet, erfordert Mut. Doch sich der eigenen Situation bewusst zu werden und zu erkennen, was noch alles möglich ist, kann neue Kräfte ins Leben rufen. Man kann sich im Leben in jedem Alter noch einmal neu erfinden, Neues ausprobieren und erleben.
Fazit
Depression im Alter ist ein vielschichtiges Phänomen, das sowohl körperliche als auch seelische Ursachen haben kann. Nicht die Lebensumstände an sich, sondern der Umgang mit ihnen und die innere Einstellung sind entscheidend. Das Schaffen neuer Perspektiven, das bewusste Verarbeiten von Verlusten und die Akzeptanz veränderter Lebensbedingungen können den Weg aus der Dunkelheit bedeuten. Letztlich lässt die Fähigkeit, sich auch im Alter neuen Herausforderungen und Freuden zu öffnen und Veränderungen mutig anzunehmen, einen mit Zuversicht in jeden Tag neuen Tag starten.