Rico, warum brauchen Menschen nicht unbedingt Urlaub, um zu regenerieren?
Weil Regenration im Alltag stattfinden sollte. Man kann es so sagen: Wenn ich Urlaub oder das Wochenende brauche, um mich zu regenerieren, ist es ein Zeichen, dass ich unter der Woche etwas falsch mache. Natürlich gibt es immer wieder Momente, wo man Erholung braucht.
Die Frage ist einfach: Ist es die ganze Zeit? Und grundsätzlich ist ja auch nichts gegen Erholung zu sagen, das ist etwas Schönes.
Jetzt sagst du: „Das sollte man eigentlich im Alltag machen.“ Wie kann das funktionieren?
Ich glaube, man muss versuchen, die Energien und die Ressourcen, einzuteilen. So dass man abends, wenn man fertig ist mit der Arbeit, noch Kraft hat. Das ist eine wirkliche Königsdisziplin und nichts, dass so einfach mit einem Fingerschnippen funktioniert. Man muss es ausprobieren.
Okay, ich habe jetzt heute so und so gearbeitet. Ich merke, es hat mir nicht so gutgetan. Was kann ich morgen ändern? Man versucht also, sich anders zu strukturieren. Vielleicht nicht alles auf einmal zu tun. Man versucht, innerlich entspannter zu sein. Und das sind Dinge, die können manchmal ein, zwei, drei Jahre dauern, bis man sie kann. Aber es lohnt sich. Und ich glaube, sich regenerieren zu müssen, müde zu sein, kann situativ absolut in Ordnung sein. Dagegen ist nichts zu sagen.
Aber man kann es auch als Wegweiser nehmen: Hey, ich habe da noch Potenzial, anders damit umzugehen, was ich mache. Und was sehr spannend ist, dass es immer wieder zwei Menschen gibt, die dieselbe Tätigkeit haben. Der eine zerbricht daran und sagt: „Ich kann nicht mehr, mir ist alles zu viel.“ Und der andere denkt: „Ja, ist schon anstrengend, aber geht doch.“ Und das hat damit zu tun, dass der eine vielleicht schon stärker ist. Das ist klar. Aber vielleicht aber auch anders damit umgeht und vielleicht auch deshalb stärker ist.
Kann es sein, dass die Regeneration durch Social Media oder durch das Handy, erschwert wird?
Das macht die Regenration auf jeden Fall schwieriger. Aber auch hier ist es nicht für alle gleich. Es gibt Leute, die gehen mit mehr Leichtigkeit mit Social Media oder mit dieser Erreichbarkeit um.
Ich glaube, es ist wichtig zu merken: wann gefällt mir die Erreichbarkeit und wann nicht. Und da ist der Unterschied, dass ich zum Beispiel sage: „Dreimal im Monat schalte ich mein Handy den ganzen Tag aus. Die restliche Zeit finde ich es cool, erreichbar zu sein.“ Also, es gibt nicht die richtige Lösung, sondern es geht darum, dass ich herausfinde, was geht heute und was geht heute nicht.
Und wenn ich merke, dass ich erreichbar sein möchte, aber es tut mir nicht gut, dann ist es natürlich so, dass mich das Kraft kostet. Bei der Arbeit muss man wieder andere Wege suchen. Aber im privaten Bereich kann man auch einmal Mut zeigen, das Handy ausschalten und sagen: „Egal. Heute bin ich für mich da.“
Bleiben wir bei der Arbeit: Wenn jemand seine Aufgaben mit weniger Leichtigkeit ausführt als der Arbeitskollege: Kann das auch damit zu tun haben, dass man sich zu wenig abgrenzt? Dass man zu wenig für sich selbst schaut?
Das kann mit der Abgrenzung zu tun haben ja. Aus meiner Sicht beginnen die Probleme aber viel früher. Das heisst, man setzt sich zu stark ein. Man überlädt sich mit Arbeit. Man will zu viel in einer zu kurzen Zeit erledigen. Und ich sage es so: „Wenn ich einen anstrengenden Job habe, und ich täglich hundert Dinge erledigen muss und weiss, ich kann nur achtzig davon erledigen.“ Dann kann ich diese achtzig erledigen, indem ich zügiger arbeite und akzeptieren, dass hundert nicht möglich sind. Oder aber ich mache mich wahnsinnig und merke am Abend, dass ich auch nur achtzig Dinge erledigen konnte. Also, ich glaube, es geht da ganz stark auch um die innere Haltung, dass nur das möglich ist, was eben möglich ist. Ich merke sehr oft, dass Leute, die gestresst sind, die sich nicht regenerieren können, versuchen, einen fünfzehn Stunden Tag in acht Stunden hineinzupacken. Und das funktioniert einfach nicht. Wie man mit Stress im Job umgeht, habe ich zudem auch in einem anderen Artikel beschrieben.
Was ist deine Empfehlung?
Da gibt es verschiedene Ansätze. Ich glaube, das Wichtigste ist, zuerst selbst zu schauen, wie kann ich mit dieser Situation anders umgehen? Das Zweite, was dann sehr problematisch sein kann, ist wenn man in einer Firma arbeitet, wo eigentlich gefordert wird, dass man fünfzehn Stunden in acht Stunden hineinpackt.
Dann muss man lernen, damit einen leichteren Umgang zu finden, weil dies nicht zu erreichen ist. Wieso soll man sich da noch aufregen? Sondern dass man eigentlich pragmatisch sagt: „Ich mache eines nach dem anderen. Ich arbeite so schnell, wie ich kann.“ Mehr kann ich ohnehin nicht machen. Also, ich glaube, es geht darum, zu erkennen: „Wie viel kann ich lösen? Wie viel kann ich bewältigen? Und auch zu akzeptieren, dass das, was man will oder das, was gefordert wird, nicht in jedem Fall möglich ist.
Es geht nicht darum, faul herumzuliegen und zu sagen: „Ich mache jetzt nichts mehr, sondern es geht wirklich darum, auch objektiv und professionell abzuschätzen, ist das, was ich machen muss, eigentlich möglich. Und wenn es nicht möglich ist, sich trotzdem zu bemühen, aber dann nicht enttäuscht oder gestresst zu sein, wenn es nicht klappt.
Und wenn du das jetzt aus Sicht der Energiefeldmechanik anschaust. Wie zeigt sich für dich, ob jemand gut oder eben nicht gut regenerieren kann?
Das zeigt sich in der Regel da, wenn durch die tägliche Lebensweise keine Energie auf die Seite gelegt werden kann. Das heisst, wenn die Energiereserven nicht aufgebaut werden können. Und auf der anderen Seite hat es aber auch damit zu tun, dass man in einen Stress hineinkommt, der bewirkt, dass man eigentlich wenig oder keine Energie mehr aufnehmen kann. Also, es sind in der Regel zwei Indizien, dass keine Energiereserven mehr gebildet werden und dass man selbst keine Energie mehr aufnehmen kann. Und man fühlt sich dann innerlich wie ausgetrocknet, überfordert, gestresst wie brüchig.
Wenn man das bei sich selbst feststellt. Wie kommt man da wieder heraus?
Ich würde empfehlen, dass man sich einen Dreimonats- oder Viermonatsplan macht, wo man sich kleine Ziele setzt und zum Beispiel sagt: „Okay. In diesem Monat ist mein Ziel, dass ich mir alle zwei Stunden 30 Sekunden Zeit nehme, wo ich durchatme und sage: „Okay. Ich kann nur das arbeiten, was ich kann.“ Und dies dann versucht zu verinnerlichen.
Eine andere Möglichkeit ist, dass man versucht, von den zweihundert Prozent, die man gibt, vielleicht nur noch 150 Prozent zu geben, sich innerlich weniger anzustrengen. Und da gibt es viele Dinge, die so Kleinigkeiten sind, die man ausprobieren kann.
Das sind dann wieder die Gegenspieler, die ich auch schon in anderen Podcasts erwähnt habe. Wenn ich mich übermässig anstrenge und das zu viel ist, dann brauche ich den Gegenspieler, mich ein wenig weniger anzustrengen. Und das Spannende ist, dass ich jemandem, der sich nicht anstrengt, noch nie sagen musste: „Streng dich weniger an.“ Das muss man wieder nur Menschen sagen, die sich ohnehin schon viel zu viel anstrengen.
Manchmal hat man doch das Gefühl einer Dauerschlaufe und denkt sich, man ist immer nur am Arbeiten. Woran liegt das?
Auch das kann viele Ursachen haben. Ich denke, da muss man sich einerseits sicher einmal überlegen: Ist das, was ich mache, das Richtige für mich?
Aber manchmal ist man auch an einem Punkt im Leben, wo man sagen kann: „Es ist nicht das Richtige für mich, aber ich habe keine Alternative.“ Und da geht es darum, dass man mit der Realität, in der man sich befindet, lernt umzugehen, so dass man wieder eigentliches Glück erfahren kann. Das man auch wieder regeneriert wird. Ich denke man hat oft das Gefühl, dass Menschen, die den Beruf haben, den sie wollen oder das Leben haben, das sie wollen, genügend finanzielle Mittel haben, dass diese dann glücklich sind. Das ist eigentlich ein Irrtum. Ich kenne ganz viele Menschen, die schwierige Leben haben, die aber sehr glücklich sind, weil sie gelernt haben, damit einen Umgang zu finden.
Und bei der Regeneration könnte man abschliessend sagen: «Wenn man nicht regenerieren kann, dann hat man den Umgang mit der Regeneration noch nicht gefunden und dann muss man diesen Umgang erlernen.»